“Operation Midnight Hammer”: Wie groß ist die Zerstörung wirklich?

US-Tarnkappenbomber bahnen sich den Weg in den iranischen Luftraum, bombardieren mit Bunkerbrechern drei Atomanlagen. Wie groß die Zerstörung ist? Dazu gibt es unterschiedliche Auffassungen.

US-amerikanische Tarnkappenbomber vom Typ B-2 bahnten sich in der Nacht vom 21. auf den 22. Juni nahezu unbemerkt ihren Weg in den iranischen Luftraum. Ihr Ziel: Die Atomanlagen Fordo, Natans und Isfahan. Einen Angriff und damit eine Einmischung in den Krieg zwischen Israel und Iran hatte sich Trump zuvor noch offen gehalten und eine 14-tägige Bedenkzeit eingeräumt. Die Entscheidung fiel dann allerdings schnell und auch ohne die Einbindung des Kongresses. 

Nach dem Militäreinsatz gehen die Angaben dazu auseinander, wie stark die Anlagen zerstört seien. Trump sagt in seiner Rede unmittelbar nach dem Bombardement, die Anlagen seien “komplett zerstört”. Später gibt es aber mehr und mehr Stimmen, die das Ausmaß der Zerstörung weitaus geringer einschätzen. Wir haben die Analysen verschiedener Medien zusammengetragen und geben einen Überblick. 

  • Der Angriff
  • Die Zerstörung
  • Die Folgen

Der Angriff

Durch ihre Bauweise können die verwendeten Tarnkappenbomber nur auf kurze Distanz von Radarsystemen erkannt werden. So gelang es, nahezu unbemerkt in den iranischen Luftraum einzudringen. Dann griffen sie mit GBU-57-Bomben die Atomanlagen an. Diese Bomben können tief in Gestein eindringen. Die SZ hat den GBU-57 einen ganzen Beitrag gewidmet. Bei der ZEIT heißt es: “Nur diese Bombe ist in der Lage, dem iranischen Nuklearprogramm einen tödlichen Schlag zu versetzen”. Die ZEIT-Analyse des Angriffs ist hier zu lesen. 

Die NZZ erklärt in einem Video, warum es nur fast gelungen ist, unbemerkt in den Luftraum einzudringen und wie die ersten Meldungen von den sich in der Luft befindlichen Bombern aufpoppten. 

Aber warum wird nun gestritten, wie erfolgreich die Operation war? Und warum ausgerechnet die GBU-57-Bomben? 

Grund für den Angriff war das offenbar weit vorangeschrittene Atomprogramm des Iran. Die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) ging davon aus, dass im Besitz des Iran befindliches Uran auf 60 Prozent angereichert sei. Atomwaffenfähiges Uran müsse mindestens auf 90 Prozent angereichert sein. Der Nuklearforscher Steinhauser erklärte gegenüber tagesschau24, dass zwischen 60 und 90 Prozent nur ein “Katzensprung” liegen würde, da die Anreicherung von Uran kein linearer Prozess sei. 

Mit den Angriffen Israels und der USA auf die Atomanlagen im Iran wollte man diese Etwicklung aufhalten. Da die Anreicherung unter anderem in der unterirdischen Anlage in Fordo stattfand, brauchte es offenbar die Bomben mit der speziellen Tiefenwirkung.

Lüftungsschächte als Ziel

Die New York Times veröffentlichte eine Analyse von Satellitenbildern, die aufzeigt, dass bei den Angriffen in Fordo offenbar Lüftungsschächte der Anlage getroffen werden sollten. Schon 2011 konnte man die Schächte auf Satellitenbildern gar nicht mehr sehen. Betrachtet man hingegen Aufnahmen aus 2009, so sind die Lüftungsschächte noch erkennbar. Laut New York Times, die sich auf Experten bezieht, könnte es sein, dass diese Schächte während des Baus genutzt und später zugeschüttet wurden. Dies könnte eine Schwachstelle der Anlage gewesen sein.

Die Zerstörung 

Erste Zweifel an der Wirksamkeit von Trumps Mission gab es nachdem Informationen aus einem Geheimreport der Defense Intelligence Agency (DIA) bekannt wurden. Demnach sei das Atomprogramm des Iran wahrscheinlich nur ein paar Monate zurückgeworfen, nicht jedoch vernichtet worden. Dies berichtet etwa die Süddeutsche Zeitung, die dabei auf CNN Bezug nimmt. 

CNN sowie die New York Times hatten zunächst über das vorläufige Geheimdienst-Dokument der DIA berichet, woraufhin es sich Präsident Trump nicht nehmen lies, auf der Plattform Truth Social die Entlassung der Reporter zu fordern. 

Die Neue Zürcher Zeitung (NZZ) hat die Satellitenbilder der drei Atomanlagen analysiert. Bilder der Anlage in Fordo würden mehrere Krater zeigen. Diese Krater könnten laut Experten die Einschlaglöcher der GBU-57-Bomben sein. Ob die Zentrifugen zur Anreicherung von Uran in Fordo tatsächlich zerstört wurden, geht aus den Satellitenbildern nicht hervor. 

In Isfahan befindet sich laut NZZ eine für Iran wichtige Umwandlungsanlage von natürlichem Uran in Uranmetall. Die Bilder dort zeigen die Zerstörung des gesamten Geländes. Zerstörte Gebäude sind deutlich erkennbar. 

Auch auf die Anlage in Natanz gab es einen Angriff. Dabei hatten schon die israelischen Streitkräfte oberirdische Gebäude angegriffen. Beim US-Angriff hatte es in der Nähe auf einem kargen Stück Land einen Einschlag, ähnlich den Einschlägen in Fordo, gegeben. Es sei möglich, dass sich hier eine weitere unterirdische Anlage befindet. Satellitenbilder aus dem Jahr 2003 legen dies Nahe.

Source: NZZ / Maxar

Eine Zusammenstellung verschiedener Satellitenaufnahmen vor und nach den Angriffen der USA und Israels sowie von den Aufräumarbeiten ist bei Radio Free Europe / Radio Liberty zu finden. 

Einen etwas ungewöhnlichen Ansatz wählte The Indian Express, die mittels ChatGPT die Satellitenbilder haben analysieren lassen. Im verlinkten Beitrag gibt es Antworten von ChatGPT auf die Frage, was auf den Vorher- und Nachher-Bildern der Anlage in Fordo zu erkennen ist und ob die Zerstörung von einer bunkerbrechernden Bombe verursacht werden konnte. 

Mittlerweile hat auch die IAEA ein Statement abgegeben, indem sie davon ausgehen, dass Iran schon in einigen Monaten wieder mit der Anreicherung beginnen könnten. Außerdem könne man nicht wissen, wo sich das bereits auf 60 Prozent angereicherte Uran befinden würde. Nach Angaben der ZEIT hat das iranische Parlament dafür gestimmt, “die Zusammenarbeit mit der IAEA auszusetzen”.

Die Folgen

Iran reagierte auf den US-Angriff mit einem Gegenschlag auf einen US-Luftwaffe-Stützpunkt in Katar. Nach dem Angriff gab es Berichte, dass der Iran die USA vorgewarnt hatten und es sich eher um einen symbolischen Akt gehandelt hatte. Das es eine Vorwarnung gab, bestätigte der US-Präsident. 

Nach den US-Angriffen verständigten sich zudem Iran und Israel auf einen Waffenstillstand. Offen bleibt aber etwa die Frage, was der Iran mit der Straße von Hormus macht. Die Schiffsstraße befindet sich nahe des Konfliktgebiets und gilt als wichtigste Schiffspassage für den Öl- und Gashandel. Die Wirtschaftswoche hat sich dieser Frage in ihrer Rubrik “Wirtschaft von oben” gewidmet. 

Satellitenaufnahmen geben darüber hinaus Aufschluss über die Aufräumarbeiten, die an den angegriffenen Atomanlagen stattfinden. Hierzu gibt es eine Analyse der New York Times.

Credits:

Süddeutsche Zeitung, ZEIT, Neue Zürcher Zeitung, tagesschau24, New York Times, CNN, Radio Free Europe / Radio Liberty, The Indian Express, Wirtschaftswoche