Wie sich die Erneuerbaren seit 2017 ausbreiten

Eine neue Satellitenanalyse zeigt, wie Länder weltweit neue Kapazitäten für Solar- und Windenergie aufbauen. Um die Entwicklungen seit 2017 nachzuvollziehen, haben Forschende das Global Renewables Watch entwickelt – eine Karte, die Wind- und Solarparks weltweit erfasst. Deutschland konnte seine Kapazität aus Erneuerbaren in den letzten acht Jahren um 60 Prozent steigern und erreicht inzwischen 60.000 Megawatt.

Eine neue Analyse, die der New York Times vorliegt, zeigt, wie Länder weltweit rasant neue Kapazitäten für Solar- und Windenergie aufbauen – Energien, die heute günstiger und zuverlässiger sind als je zuvor.

Um diese Entwicklungen zu verfolgen, haben Forschende das Global Renewables Watch entwickelt: eine „lebende Karte“, die mithilfe von künstlicher Intelligenz und hochauflösender Satellitenbilder alle Windparks an Land sowie alle großen Solarparks weltweit erfasst.

Das Projekt ist eine Zusammenarbeit zwischen The Nature Conservancy, Planet und Microsofts AI for Good Lab. Ziel ist es, das Wachstum von Wind- und Solaranlagen über die Zeit hinweg zu dokumentieren, damit Planerinnen und Planer besser verstehen, wo und wie neue Projekte für saubere Energie – große wie kleine – sinnvoll umgesetzt werden können.

Die Wahl des richtigen Standorts ist entscheidend: Stromnetze können nicht immer problemlos neue Energiequellen integrieren oder Strom aus sonnen- und windreichen Regionen in dicht besiedelte Gebiete transportieren. Wo wenig freie Fläche verfügbar ist, konkurrieren Energieprojekte oft mit landwirtschaftlicher Nutzung oder bedrohen natürliche Lebensräume. Zudem sind viele der besten Standorte bereits belegt.

„Ein Großteil der bisherigen Entwicklungen hat sich das ‚niedrig hängende Obst‘ gesichert“, sagt Joseph Kiesecker, leitender Wissenschaftler bei The Nature Conservancy und Mitbegründer von Global Renewables Watch, das vor zwei Jahren gestartet wurde.

Die gesammelten Daten bieten einen Überblick über die bestehende Kapazität erneuerbarer Energien an Land – sowie darüber, wo weltweit noch Ausbaupotenzial besteht. (Solaranlagen auf Hausdächern werden dabei nicht erfasst.)

China führt das weltweite Ranking bei der installierten Solar- und Windkapazität mit großem Vorsprung an – und der Abstand wächst weiter. Das Ausbautempo hat deutlich angezogen, mit riesigen Projekten, die sich über das Landesinnere erstrecken. Allerdings steigen in China wie auch in vielen anderen Schwellenländern der Verbrauch von Kohle und Gas weiterhin an.

In den Vereinigten Staaten übertraf der Anteil von Solar- und Windstrom zusammen im vergangenen Jahr erstmals den von Kohlestrom. Allein Solarenergie machte im Jahr 2024 über 80 Prozent der neu hinzugekommenen Kapazitäten aus – ein Drittel davon wurde in Texas installiert. In Kalifornien sorgte der Ausbau von großflächigen Batteriespeichern dafür, dass Solarstrom auch nach Sonnenuntergang verfügbar blieb und regionale Stromnetze stabilisiert werden konnten.

In der Europäischen Union lieferten Solar- und Windenergie zusammen fast ein Drittel des gesamten Stroms – mehr als alle fossilen Energieträger zusammen. Die windreichen Küsten Nordeuropas sind ideal für Windkraft: In Dänemark etwa stammten 2024 rund 60 Prozent des Stroms aus Windenergie. Auch Solarenergie legte deutlich zu, vielfach im kleinen Maßstab durch private Haushalte, die auf günstige Solarmodule aus China setzen.

„Die Kosten für Solarmodule sind in den letzten zehn Jahren drastisch gesunken“, sagt Dave Jones, Direktor für globale Analysen bei Ember, einer Forschungsorganisation für Energiefragen. Zusammen mit den hohen Gaspreisen seit Russlands Invasion in der Ukraine ergebe sich dadurch „ein äußerst überzeugendes wirtschaftliches Argument für den massiven Ausbau von Solarenergie“.

Dieser Preisverfall ist vor allem enormen Produktionsfortschritten in China zu verdanken, das rund 80 Prozent des weltweiten Solarmodulmarktes beliefert. Nach den Niederlanden waren Brasilien, Pakistan, Saudi-Arabien und Indien im vergangenen Jahr die größten Abnehmer chinesischer Solarpanels.

Auch verbesserte Batterietechnologien tragen zur Ausbreitung der Solarenergie bei. Günstigere und leistungsfähigere Speicherlösungen ermöglichen es, Haushalte auch nach Sonnenuntergang mit Strom zu versorgen – wenn gekocht, gewaschen oder ferngesehen wird.

Während Windkraftprojekte zunehmend auf Hürden stoßen, entwickelt sich Solarenergie zur praktikableren Lösung, um schnell, kostengünstig und in nahezu jeder Größenordnung neue Kapazitäten zu schaffen.

Ambitionierte Pläne, bis 2050 keine zusätzlichen CO₂-Emissionen mehr in die Atmosphäre auszustoßen, sowie umfangreiche staatliche Förderprogramme haben in Australien dazu geführt, dass die Sonne inzwischen ein Viertel des nationalen Stroms liefert. In Brasilien halfen umfangreiche Investitionen in Solar- und Windenergie dabei, Schwankungen im riesigen Wasserkraftsystem aufgrund von Dürren abzufedern.

In vielen Schwellenländern – etwa Mexiko, der Türkei oder Vietnam – wächst Solarenergie schneller als Windkraft.

Global Renewables Watch erfasst große Solarparks, aber nicht die vielen kleinen Solaranlagen, die in vielen Entwicklungsländern entstehen, um den Zugang zu Elektrizität zu verbessern. In Pakistan beispielsweise war der Großteil der importierten chinesischen Solarpanels für Dächer oder kleine Anlagen auf Bauernhöfen und bei Fabriken bestimmt, um hohe Stromkosten und häufige Stromausfälle zu umgehen.

Der jüngste Boom bei Solar- und Windenergie bedeutet jedoch nicht, dass der weltweite Umstieg auf erneuerbare Energien gesichert ist. In Somalia etwa ist der Anteil der Solarstromproduktion in den letzten zehn Jahren von null auf 17 Prozent gestiegen, doch das von der US-Entwicklungshilfeagentur USAID geförderte Programm Power Africa, das diesen Fortschritt unterstützte, wurde letzten Monat von der Trump-Regierung weitgehend eingestellt. In Vietnam beschleunigte sich der Ausbau der Solarenergie, nachdem die Regierung garantierte, Betreibern einen festen, attraktiven Einspeisetarif zu zahlen – ein Vorhaben, das nun durch Pläne, diese Regelung rückwirkend aufzuheben, bedroht ist und Milliardeninvestitionen gefährdet. Auch in den USA versucht die Trump-Administration, die Energiewende zu verlangsamen und fossile Brennstoffe zu fördern.

Der weltweite Verbrauch fossiler Brennstoffe wächst weiterhin, ebenso wie die globalen Temperaturen. Laut der Internationalen Agentur für Erneuerbare Energien (IRENA) müsste sich der jährliche Ausbau erneuerbarer Energien verdoppeln, um das ehrgeizigste Ziel des Pariser Klimaabkommens zu erreichen.

Die Forschenden hoffen, dass die öffentliche Verfügbarkeit ihrer Daten und Modelle dazu beitragen wird, die Planung und den Ausbau neuer Kapazitäten zu verbessern. „Wir wollen sehen, dass erneuerbare Energien gebaut werden“, sagte Dr. Kiesecker. „Wir wollen, dass der Wandel so schnell wie möglich stattfindet.“

Methodik

Die Daten zum Bau von Wind- und Solaranlagen stammen von Global Renewables Watch, mit Forschungsbeiträgen von Microsofts AI for Good Lab, The Nature Conservancy und Planet.

Die Forschenden trainierten ein Machine-Learning-Modell darauf, Windturbinen an Land sowie große Solarkraftwerke in vierteljährlich aktualisierten, hochauflösenden Satellitenbildern zu erkennen. Die Satellitendaten stellte Planet zur Verfügung – es handelt sich um Bildmosaike mit einer Auflösung von 4,7 Metern, aufgenommen vom vierten Quartal 2017 bis zum zweiten Quartal 2024.

Für das Training des Modells nutzten die Forschenden Daten von OpenStreetMap über bekannte Solar- und Windanlagen. Zusätzlich wurden weitere Trainingsrunden sowie manuelle Prüfungen durchgeführt, um die Genauigkeit zu erhöhen und Fehlklassifikationen auszuschließen.

Das Modell wurde nicht auf urbane Gebiete angewendet, wo Solaranlagen auf Hausdächern weitaus häufiger vorkommen. Die als Solarparks gekennzeichneten Flächen berücksichtigen nicht den tatsächlichen Abstand zwischen einzelnen Solarpaneelen. Die Schätzungen der Kapazität basieren auf einer Multiplikation der Flächengröße der Solarfelder und der Anzahl der Windturbinen mit einem standardisierten Kapazitätsfaktor. Dabei wurden weder die spezifische Technologie der Anlagen noch länderspezifische Unterschiede berücksichtigt.

Full methodology available here.