Glimmerland

Anhand von Satellitenbildern wird deutlich, dass es in Indien weitaus mehr illegale Glimmerminen gibt als vermutet – und so viel Kinderarbeit wie nirgends sonst.

Mehr als 22.000 Kinder graben im Osten Indiens nach Glimmer. Mica, wie das Mineral in der Fachsprache heißt, ist ein gefragter Rohstoff für die Auto-, Elektronik- und Kosmetikbranche. Laut der internationalen Arbeitsorganisation ILO gehören Bergbauarbeiten, wie die Suche nach Glimmer, zu den "schlimmsten Formen der Kinderarbeit". Die jüngsten Kinder sind gerade mal vier Jahre alt. Hunderte Kinder haben die Arbeit in den vergangenen Jahren nicht überlebt, die meisten wurden verschüttet.

Weltnachfrage seit 2016 um 75 Prozent gestiegen


Weil das indische Parlament 1980 mit dem Forest Conservation Act die Wälder in Jharkhand und Bihar vor dem Abholzen retten wollte, untersagte es alle Bergbauaktivitäten. Der Glimmerabbau wird in Indien seit 1920 betrieben. Seitdem hat sich eine riesige Menge an Glimmerschutt angehäuft. Doch mit dem Gesetz zogen sich die Bergbauunternehmen aus der Gegend zurück und gaben ihre Minen auf. Noch in den 60er Jahren wurde in über 430 legalen Minen Glimmer abgebaut, 1986 waren es nur noch 73 Minen, heute sind nur noch wenige Minen, die legal betrieben werden. 

Gleichzeitig ist die Nachfrage nach dem Rohstoff im Sog von Weltwirtschaft und Globalisierung immer weiter gestiegen, allein seit 2016 um 75 Prozent. Der Bedarf an Glimmerpapier, dass aus dem Glimmerschrott recycelt wird, stieg um ein Vielfaches, vor allem in der Elektro- und Elektronikindustrie, da es hitzebeständig ist und hervorragend isoliert. Mit der Nachfrage stiegen die Preise. Und der vergessene Glimmerschrott in den alten Minen, früher nur Abfallprodukt, wurde zur Haupteinkommensquelle einer ganzen Region.

Wir haben multispektrale Satellitendaten des Landsat-Satelliten der NASA analysiert, um Glimmermineralien aus dem Weltraum zu erkennen. Gebiete mit einer hohen Konzentration von oberirdischem Glimmer sind in der Karte violett markiert. Die Analyse bestätigte zunächst, dass es in Jharkand von Glimmer wimmelt. Beim Zoom mithilfe von Google Earth identifizierten wir viele der alten Minen, deren gerodete Fläche sich im Vergleich zu 2016 zum Teil mehr als verdreifacht hat.

Link: https://www.zeit.de/wissen/2022-05/glitter-indien-illegale-minen

Partner:

Die ZEIT, Heinrich-Böll-Stiftung, terre des hommé

Credits:

Remote Sensing Analyse: Vertical52
Konzeption: Vertical52
Produktion: Max Boenke
Autorin: Anuradha Sharma
Fotos: Christian Werner